Anmerkung: Die GEMA hat in den letzten Tagen und Wochen den FAQ-Katalog zum VR-Ö-Tarif erweitert und dabei auf diverse Fragen geantwortet – Sucht man aber Aufklärung und Durchblick, wird man auch dort nicht fündig. Das Verfassen dieses Artikels und die Veröffentlichung von Fragen und Antworten auf der GEMA-Homepage haben sich zeitlich überschnitten. Ich habe versucht, Neuerungen noch mit einzuarbeiten. Der Grundtenor bleibt aber der Gleiche. Meine hier getroffenen Aussagen decken sich größtenteils mit den Aussagen des Experten-Chats auf Facebook.
Als DJ und Veranstalter, der eng mit diversen Clubs zusammenarbeitet, bin ich seit der ersten Information zur GEMA-Tariferhöhung direkt betroffen. Ich bitte daher zu beachten, dass neben den Fakten auch meine Überlegungen, Anmerkungen und Folgerungen einfließen. Ziel ist es, die Diskussion um die Tarife und die allgemeine Vorgehensweise der GEMA voranzutreiben. An der einen oder anderen Stelle wird neben der reinen Fakten eine gewisse Polemik oder bissige Wortwahl zu finden sein. Betrachtet man die Entwicklung der Tariferhöhung seien mir die Emotionen verziehen. Um es mit den Worten von Volker Pispers zu sagen: „Was denken sie was in diesem Land los wäre, wenn mehr Menschen wüssten was in diesem Land los ist!“.
In der Kriegsführung sind neben brachialen Angriffen mit physischer Gewalt vor allem auch strategische und listige Taktiken ein Mittel, um gegen den Gegner vorzugehen. Die Flugblattmethode ist zum Beispiel eine dieser Taktiken. Man fertige Flugblätter mit Propaganda an, fliege über Feindesgebiet und werfe die Flugblätter ab, um so die Bevölkerung oder gar die gegnerischen Soldaten zu beeinflussen. Ein anderes Mittel ist es Allianzen aufzuspalten und gegeneinander auszuspielen.
Doch was hat dies mit der Gema zu tun? Einiges. Denn eine Schlacht hat die Gema schon seit langem verloren: Die ihres Images. Kaum ein anderer Verein oder Institution, außer vielleicht der GEZ, hat solch einen miesen Ruf wie die Gema. Schuld ist der Verein dabei vor allem selbst. Denn selten gab es solche Bloßstellungen von zum Teil Inkompetenz in der Öffentlichkeit, wie die der Gema. Wir erinnern uns an die Überheblichkeit einer Gaby Schilcher im Interview zu den geplanten Tariferhöhungen für 2013, an die superschwammigen Aussagen einer Frau Goebel, mit der sie sich ebenfalls in einem Interview um Kopf und Kragen redete. Wir erinnern uns an die Aussage von Herr Lorenz Schmid, dass auf Konzerten nicht getanzt wird. Den immer wieder widersprüchlichen und absurden Aussagen zu den neugewollten Tarifen für Clubs oder wie im Moment der für DJs. Die Liste ist lang und lässt sich mit einer Google-Suche schnell einsehen und erweitern. Das Gema-Bashing hat die Gema eigentlich im Alleingang erfunden, denn mit all diesen Vorlagen fällt es mehr als leicht Angriffsmaterial zu finden.
Doch zurück zur Kriegsführung. Denn die Gema befindet sich im Krieg. Den gegen eine mittlerweile beachtliche Anzahl von Kritikern und Gegnern. Diese kritisieren wiederum die geplanten Tariferhöhungen für Clubs, seit Jahren das unfaire Ausschüttungssystem, die sogenannte Gema-Vermutung, die Strukturen innerhalb der Gema, deren veraltete Ansichten und vor allem die Monopolstellung des Vereins. Denn dies alles zusammen bildet ein Konstrukt, welches eine kleine Garde an Künstler übervorteilt und viele kleine, Nachwuchskünstler sowie ganze Musikszenen weit weg vom Mainstream ganz im Allgemeinen, benachteiligt.
Als letztes Jahr die Gema ihre geplanten neuen Tarife für Clubs angekündigt hatte, da haben auch wir mächtig Stunk dagegen gemacht. Diese Tarife waren unfair und unverhältnismäßig. So entstand meine „Ohne Nachtclubs…“-Kampagne. Ich berichtete kritisch online und auch per Print im DJ-Mag zu dem Thema. Die damalige Petition gegen die neuen Tarife erreichte über 300.000 Stimmen und war eine der erfolgreichsten Onlinepetitionen überhaupt. In ganz Deutschland gingen im September Menschen auf die Straße, um zu demonstrieren. 8000 waren es alleine in Frankfurt auf der Kulturtanzdemo. Nachdem sich mit der Zeit auch vermehrt die Politik mit dem Thema beschäftigte und erkannte, dass die geplante Tariferhöhung existenzbedrohend für viele Clubs ist, kam etwas Bewegung in die Sache. Doch zuvor.. und damit kommen wir wieder auf die Kriegsführung.. wurden erst einmal Infos von der Gema gestreut, die mit Absicht so formuliert wurden, dass Nichtwissenden der Eindruck suggeriert wurde, man habe sich bei der Tariffrage mit den Clubs nun geeinigt. Denn Anfang November lies die Gema wie folg verlauten:
„Einigung im Tarifstreit über GEMA-Vergütung im Diskotheken- und Clubbereich“
Das was hier als Einigung verkauft wurde, war nichts anderes als ein geschickter Schachzug und hatte eher etwas mit absichtlicher Blendung der Öffentlichkeit zu tun. Es gab nämlich keine Einigung im Tarifstreit. Die Gema hatte sich nur mit 3 höchst dubiosen Randgruppen-Verbänden von ein und demselben Macher Klaus Quirini, auf einen Rabatt von 20% geeinigt. Die wären aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein zu dem, was an Erhöhung im Tarif geplant ist.
Bei den Verbänden handelt es sich unter anderem um die Deutsche Disc-Jockey Organisation (DDO), die ca. 350 Djs aus dem Bereich Alleinunterhalter, Hochzeits-, Firmenfeier- und Dorfdisko-Deejays vertritt und null Relevanz für ganz Deutschland hat. Die DJs lesen sich dann auch DJ Klaus, DJ Thomas, Markus, Frank und so weiter. Auch der Verband Deutsche Diskotheken Unternehmer (DDU) gehört zum selben Macher Klaus Quirini und umfasst sage und schreibe „300“ Diskos. Von den 300 Diskotheken sind viele noch nicht mal mehr existent oder waren nie Mitglied in diesem Scheinverband. Es war also mehr als offensichtlich, dass die Gema sich hier außerhalb der wirklichen Verhandlungspartner mit wohlgesonnen Kleinstverbänden auf etwas einigte, was vor allem der Gema angenehm war, aber von den echten Verhandlungspartnern so komplett abgelehnt wurde.
Natürlich flog dieses Täuschungsmanöver schnell auf und so wurde dieses Konstrukt und Medienschauspiel in den Blogs, den Online- wie Printmedien schnell in seine Einzelteile zerlegt, die auch in der Summe nichts wert waren. Auf der Pressekonferenz in Berlin wurde zu dieser „Einigung“ dann erneut eindrucksvoll demonstriert, wie man es nicht machen sollte. Denn auch dort wurde schnell klar, dass dies alles eine Farce war, die nichts mit dem wirklichen Tariferhöhungs-Streit zwischen Vereinen und Clubs zu tun hatte. Auf wirklich interessante Pressefragen konnten weder die Gema noch Klaus Quirini gehaltvolle Antworten geben. Ein unglaubliches Schauspiel, welches das Wort "Fremdschämen" neu definierte.
Der Frankfurter Verein „Clubs am Main“ und viele andere in ganz Deutschland holten dann auch gleich zum Gegenschlag aus und veröffentlichten Gegendarstellungen. „Keine Einigung im GEMA-Tarifstreit in Sicht“ hieß es damals.
„Die andauernde Desinformationspolitik der GEMA, die versucht zweifelhafte Einigungen mit randständigen Akteuren suggestiv als einvernehmlich für die Branche darzustellen, muss endlich aufhören.“ lässt Matthias Morgenstern erster Vorsitzender von Clubs am Main verlauten. Recht hat er. Was die Gema nämlich mit diesem Possenspiel reißt, ist eine arglistische Täuschung, die sich zwar zu einem PR-Desaster entwickelte, aber einiges an Folgen mit sich brachte.
Die Einigung mit diesen ominösen Scheinverbänden wurde in dieser Art nun nämlich für alle gültig. Im Klartext bedeutete dies, dass an den Tarifen etwas geschraubt wurde. Hier und dort was weggelassen wurde oder hinzukam und dies am Ende für alle Clubs und Veranstalter Gültigkeit hat. Und was waren die Einigungen?
• Einführungsnachlass: Die GEMA gewährt Betrieben, die zwei oder mehr Veranstaltungen wöchentlich durchführen, gesonderte Einführungsnachlässe auch für Veranstaltungen mit einem Eintrittsgeld von weniger als 10 EUR über einen Zeitraum von 5 Jahren.
• Vervielfältigungsrechte: Die GEMA plant für die zukünftige Lizenzierung der Vervielfältigungsrechte (sogenannter Laptopzuschlag), den bereits heute bestehenden Vervielfältigungstarif VR-Ö entsprechend anzupassen. Die Lizenz beträgt dort € 0,13 je vervielfältigtem Werk. Dadurch würde der bisherige Zuschlagstarif VR-T-G entfallen.
Erster Punkt besagte nur, dass die Tarife, wie von der Gema gewollt und von den Kritikern abgelehnt, doch kommen. Sie kommen aber nun über mehrere Jahre mit einer Staffellung. Im Klar Text: derselbe Scheiss wie vorher nur langsamer aufgezwungen. Zudem war der 20% Nachlass nur für Mitglieder dieser Scheinverbände von Interesse.
Doch kommen wir nun zum zweiten Punkt und zu dem wohl cleversten Schachzug der Gema, mit dem man die bis dahin breite Allianz bestehend aus Clubbetreibern, Veranstaltern, Deejays und Sympathisanten versucht aufzuspalten. Denn viele kleine Gruppierungen lassen sich nun mal viel einfacher bekämpfen als eine große und breit aufgestellte Gegenpartei. Mag sein das es Forderungen seitens der Clubs und Veranstalter gab, den Vervielfältigungszuschlag wegfallen zu lassen. Doch dies vor allem deshalb, weil dieser als völlig unnötig empfunden wird, was auch ein Gutachten, auf das ich später noch eingehe, belegt.
Mit dieser Veränderung aus der Einigung mit Klaus Quirini fällt der sogenannte Laptop-Zuschlag, den Clubs und Veranstalter bisher zahlen mussten, wenn DJs mit gebrannten CDs oder Laptops spielen, nun weg. Klingt ja erst einmal positiv für die Clubs und Veranstalter, denn die zahlen nun weniger und gleichzeitig wird auf psychologische Weise auch vermittelt, dass der geplante neue Tarif ja nun nicht mehr so hoch sei. Natürlich ist dies Bullshit, da auch so immer noch teils horrende Summen nach dem Club-Tarif zusammen kommen würden.
Doch das Thema ist nun auf die Gruppe der DJs ausgelagert worden, die bisher nichts mit der Gema am Hut hatten. Hier begann nun ein neuer Tanz. Denn nur langsam bemerkte man durch den Nebel der Gema-Informationspolitik, was da eigentlich wirklich geplant wurde.
Es dauerte ein wenig und die Ankündigung im Dezember 2012 über die Aussetzung der Tariferhöhung für Clubs, zog zunächst einmal die Aufmerksamkeit darauf und nicht auf den neuen DJ-Tarif oder Tarif VR-Ö genannt.
Mit dem Aussetzen der geplanten Tariferhöhung wurden geschickt kleine Tarifanpassungen für das Jahr 2013 nach oben platziert. So wird ab 1.1.2013 um 5% und ab 1.4.2013 nochmals um weitere 10% erhöht. Ganz nach dem Motto "wenn man schon mal ein Stückchen nach oben wandert, ist der Gipfel am Ende nicht mehr ganz so weit". Alles berechnende Taktik der Gema. Aber die kann es ja machen, sie ist schließlich Monopolist und Ihre Kunden, die Clubs und Veranstalter, sind Ihr ohne Möglichkeit auf Alternativen ausgeliefert.
Mit der Zeit wurde allerdings, dank der Postings aufmerksamer Deejays und Beobachter in Blogs, auf den sogenannten VR-Ö Tarif, der am 1.4.2013 gültig sein soll, immer mehr Aufmerksamkeit gelenkt. Denn genau dieser Tarif sollte den Laptopzuschlag ersetzten und geht nun den DJs an den Geldbeutel.
Die Einzelheiten, die zum Tarif VR-Ö von der Gema kommuniziert wurden, waren am Anfang so schwammig, das die DE:Bug genauer nachfragte, Antworten erhielt und am Ende doch mit einem großen WTF und jeder Menge Fragenzeichen zurückblieb. Auch ein Schaubild, wie sich was zueinander verhält, brachte eher verwirrte Gesichter hervor als verständnisvolles Kopfnicken.
Dann meldete sich im März 2013 auf einmal die Gema und verkündete: Tarif VR-Ö: GEMA schließt Gesamtvertrag mit Bundesvereinigung der Musikveranstalter e.V.
Ähnlich wie schon zuvor wurde hier mit einem Verein einfach mal verhandelt und beschlossen und dies zur Gültigkeit für alle. Der Inhalt des Tarifes sah dann so aus:
- Bestehende Musikdatenbank: Vervielfältigungen, die vor dem 1.4.2013 vorgenommen wurden, können nachträglich über einen einmaligen Pauschalbetrag in Höhe von 125,00 EUR netto für alle Musikdateien lizenziert werden, sofern dieses bis zum 31.12.2013 erfolgt.
- Sicherungskopien: Die Herstellung von Back-ups ist nicht vergütungspflichtig. Erst wenn die Sicherungskopie zum Zwecke der öffentlichen Wiedergabe aktiviert wird, ist diese einmalig in Höhe von pauschal EUR 125,- (oder als Einzellizenz 0,13 EUR je Musikwerk) zu vergüten. Gleiches gilt für das Überspielen einer Musikdatenbank von einem Datenträger auf einen anderen.- Gesamtvertragsnachlass: Die Mitglieder von Organisationen, mit denen die GEMA einen Gesamtvertrag für diesen Tarif geschlossen hat, erhalten einen Gesamtvertragsnachlass in Höhe von 20%.
Hier muss man sich nochmals vor Augen halte, dass die Gema nur für Kopien abkassieren will. Aus der Sicht eines IT-Menschen, wie ich es einer bin, sträuben sich da so oder so die Haare. Denn nur wer Originaldateien nutzt, muss dafür nicht zahlen. Klingt komisch ist aber so. Später dazu mehr.
Das, was da nun also beschlossen wurde, kann man ja erst einmal so stehen lassen auch, dass Ende März in einem veröffentlichten Anmeldeformular zur Abrechnung der DJs eine Registrierung von 500 Tracks für 50,- Euro erfolgen kann. Dies und die 125 Euro für eine ganze Musiksammlung sind Anpassungen, die einen dazu veranlassen zu sagen „och ist ja alles im Rahmen, dann zahl ich und hab meine Ruhe“.
Jep .. genau so ist es auch gedacht. In meinen Augen Bauernfängerei. Denn wer sich einmal bei der Gema registriert, der ist für den Rest seines DJ-Daseins gefangen und der Willkür dieses Vereins ausgesetzt. 50 Euro, 125 Euro und 13 Cent dieses Jahr und dann wird man Stück für Stück an der Monopolschraube drehen. Nächstes Jahr sind es nämlich schon 55 Euro für 500 Tracks.
Es ist also das selbe Thema, wie man es bei den Clubs versucht. Doch im Gegensatz zu den Clubs sind Deejays noch unorganisierter. Zudem unterscheiden sich Szene- und feste Dorf-Disko-Deejays teils stark in vielen Bereichen. Aber einzelne Deejays zu knechten, dürfte auch viel einfacher sein, als ganze Vereine.
Jedem muss klar sein, dass er mit der Unterschrift unter dieses Formular einen Vertrag bei der Gema abschließt und Kunde wird. Kunde wohl gemerkt und kein Mitglied. Ein großer Unterschied. Das Ganze hat schon ein klein wenig den Geschmack eines Knebelvertrags mit Kontrollrecht (dazu später mehr). Denn durch die Monopolstellung der Gema hat man auch keine Alternativmöglichkeiten.
Doch "Moment mal" wird nun so manch Einer sagen. „Ich spiele doch so gut wie gar keine Gema-pflichtige Musik. Weder der Bohlen noch die Gaga und schon gar nicht der Wendler kommen bei mir auf die Festplatte, den Rohling oder USB-Stick. Meine Art von Musik wird weder bei der Media Control erkannt, noch wird sie im Radio gespielt oder ist in den Charts vertreten."
Und hier stellt sich eine wichtige Frage, die selbst die Gema widersprüchlich darstellt. In der aktuellen Pressemeldung zur Einigung vom 14. März lautet die Überschrift:
„Der Tarif regelt die Vervielfältigungen bzw. Kopien von Musikwerken aus dem GEMA-Repertoire, die zum Zwecke der öffentlichen Wiedergabe hergestellt werden. „
Aha .. also zahle ich nur für Sachen, die bei der Gema gemeldet sind. „Glück gehabt..“ äääääähhh FALSCH. Hier aus dem Interview der DE:Bug mit der Gema:
Reindlmeier: Urheber, die nicht Mitglied der GEMA oder keiner anderen (ausländischen) Verwertungsgesellschaft für Musikrechte – mit der die GEMA einen so genannten Gegenseitigkeitsvertrag abgeschlossen hat – angehören, genießen ebenfalls den Schutz des Urheberrechtsgesetzes. In diesen Fällen macht die GEMA mangels Rechtsinhaberschaft keine Vergütungen geltend. Die Einwilligung zur Vervielfältigung muss dennoch vom Berechtigen – in der Regel vom Urheber direkt oder von dessen Verlag – eingeholt werden.
Nun fragt man sich, wie will die Gema denn nun wissen, welche Tracks in meiner Sammlung Gema-pflichtig sind und welche nicht? Schick ich den doch einfach eine Liste meiner Tracks! Äääähhhhh wieder FALSCH.
Im Experten-Chat auf Facebook bei Gema-Dialog wurde gesagt:
Uwe Dorn (GEMA): Der DJ muss selber wissen, welche Daten/Dateien kopierte Werke sind. Im Vervielfältigungsbereich gilt auch die GEMA-Vermutung.
Aha … es bleibt also auch weiterhin beim Alten. Die Gema kassiert Geld für meine Tracksammlung, die nur einen geringen Prozentanteil Gema- pflichtige Tracks enthält, kassiert und verteilt die Kohle, aber nach den bisherigen Verteilungsschlüsseln, die sich auf Airplays und Media Controldaten von 120 Blackboxes in Clubs und Tanzlokalen in ganz Deutschland stützen. Bei der Gema liest sich das dann so:
Also auch hier weiterhin derselbe intransparente und unfaire Bullshit wie bisher. Keiner meiner Künstler aus der elektronischen Musik wird also einen Cent davon sehen. Dafür wird aber der Arsch von Bohlen und Co. immer fetter.
Als Liebhaber elektronischer Musik sage ich „ich will das so nicht“ und fühle mich regelrecht betrogen, denn ich muss für etwas zahlen, was ich gar nicht vorhabe zu tun. Wenn ich wenigstens Playlists einreichen könnte und dann für jeden wirklichen gespielten Track abgerechnet und auch an den betreffenden Künstler verteilt werden könnte. Das wäre doch mal eine wirklich gute und dem Künstler gegenüber faire Maßnahme. Was sagt die Gema dazu???
In der FAQ liest sich das dann so:
Soviel zum Thema „ich zahle für andere“. Es wäre also an der Zeit das die gesetzliche Verpflichtung angepasst wird und auf Playlists erweitert. Denn mir wäre es lieber, ich zahle für die Künstler, die ich auch wirklich spiele, denn nur diesen steht das Geld auch wirklich zu. Hier ist wieder einmal ganz klar zu sehen, wie sehr die sogenannte Gema-Vermutung tausende von Künstlern benachteiligt und nur eine kleine Kaste bevorzugt. Doch die Politik sieht keine Notwendigkeit für ein Eingreifen bei der Gema-Vermutung, wie wir beim Ergebnis vor dem Petitionsausschuss in Berlin sehen konnten (November 2012).
Es wäre an der Zeit in Hinblick auf den DJ-Tarif und der Gema-Vermutung dieses Zusammenspiel noch mal rechtlich zu durchleuchten. Gerade bei Laptops sollte es im Jahre 2013 keine große Sache sein, eine Trackliste einer Musiksammlung anzufertigen und mit einer Datenback abzugleichen. Soweit der Wunsch des Gedankens. Die IT-Experten sind auf alle Fälle fähig so etwas zu bewerkstelligen. Nur bei der Gema habe ich Zweifel. Weniger, weil die Gema es nicht kann, sondern weil sie es nicht will.
Und es gibt noch etwas was mich rechtlich interessieren würde. Wie kann es sein, dass ich für alle „bereitstehenden“ Tracks zahlen soll, wenn ich von diesem im Jahr vielleicht nur 300 verschiede spiele? Auch hier wird die Benachteiligung meiner gespielten Künstler sehr gut offensichtlich. So haben ich von den 300 Tracks vielleicht 10 die ich im Jahr 50-mal, 30 die ich 40-mal, 20 die ich 30-mal gespielt habe und so weiter und so weiter. Ich denke Ihr versteht was ich meine. Denn so läuft es doch bei den Airplays auch und am Ende hat man eine Hitliste der am häufigsten gespielten Tracks.
Genau hier wird deutlich, wie sehr Künstler mit der Gema-Vermutung benachteiligt werden. Selbst wenn diese Künstler in ausländischen Verwertungsgesellschaften sind und diese mit der Gema einen Vertrag haben, selbst dann bekommen diese Künstler keinen Cent, weil deren Musik nun mal nur bei uns in der Szene gespielt wird und nicht im Radio oder sonst wo. Das soll fair sein? Wohl kaum.
Was ist eigentlich mit ausländischen Djs die im Club spielen. Will die Gema da auch Kohle sehen?
Ähmmm ja… is klar ne. Wie soll dies denn umgesetzt werden? Wie soll dies kontrolliert werden?
Ein gutes Stichwort, denn es stellt sich die Frage, wie die Gema denn nun die DJs kontrollieren will. Vor allem ist die aber auch ein guter Grund für die Gema den Verwaltungsaufwand von 120 Millionen im Jahr auf Summe X aufzublasen. Denn so ein Kontrolleur dürfte mit den Arbeitszeiten des Nachts einiges an Zuschlägen kosten, oder klingelt die Gema bald wie früher die GEZ zu Hause an der Tür? Zudem kommen neue Abteilungen, welche die Daten der DJs pflegen bzw. in Erfahrung bringen hinzu. Eine Stasi-Abteilung, die sich auf die Suche nach nicht registrierten Djs macht und und und…
Im erweiterten FAQ zum Tarif steht dazu folgendes.
Wer also das bereits oben angesprochene Formular ausfüllt und einem Vertrag mit der Gema eingeht, der räumt dieser auch Kontrollrechte ein, obwohl er dies nicht müsste? Denn wenn er dies nicht macht, dann droht die Gema mit dem juristischen Weg? Ein Teufelskreis also, der irgendwie an Nötigung erinnert. Überhaupt sehr verwirrend, wie die Gema dies darstellt und sicher rechtlich nicht uninteressant.
Überhaupt ist aus datenschutzrechtlicher Sicht ein solch pauschales Kontrollrecht, welches die Durchsicht eines Laptops einschließen soll, höchst kritisch zu betrachten. Man fühlt sich bei solcher Vorgehensweise an Gesetzen zum Schutz vor Terroranschlägen erinnert. Bei der momentanen Entwicklung in Sachen Netzpolitik würde es mich nicht wundern, wenn man Gesetze einfach mal anpasst und der Gema somit letztendlich einen Freifahrtschein gibt. Es gab ja schon diverse Bemühungen aus der Lobby der Content-Industrie, die in anderer Art und Weise den Datenschutz für ihre Interessen aufzuweichen versuchten.
In diesem Fall wäre es aber dennoch interessant, in wie weit die Gema wirklich juristisch vorgehen könnte. Denn das Thema Kontrolle von Laptops könnte sich auch als eine rechtliche Tretmine herausstellen.
Doch bevor die Gema kontrollieren kann, stellt sich die Frage, wie kommt die Gema denn an die Daten der DJs? Im Experten-Chat las sich dies noch so:
In der erweiterten FAQ liest sich dies aber schon ganz anders.
Diese Abweichung zum Experten-Chat mag wohl daher kommen, das die Clubs oder Bookingagenturen der Gema einen Scheissdreck geben müssen. Denn im Experten Chat lautete es.
Nun bleibt es abzuwarten, ob die Gema auf andere Mittel zurückgreifen wird, um an Adressen von DJs zu gelangen, um denen einfach mal eine nette Erinnerung zu schicken, man möge doch seine Musiksammlung anmelden. Bei der schieren Masse an Leuten, die entweder seit Jahren als DJ aktiv sind, oder sich so nennen, dürfte so oder auch für die Gema unüberschaubar sein. So viel Realismus sollte auch die Gema haben, dass es ein schweres Unterfangen wird, alle DJs zu knechten. Zudem man auch die aussortieren muss, die ausschließlich mit Vinyl, original CDs oder Originaldateien spielen.
Nun, ich bin kein Rechtsexperte und mag hier auch keine Expertisen abgeben. Dennoch möchte ich meine Überlegungen mit Euch teilen. Ein Künstler der Musik macht, der möchte vor allem gehört werden. Acts in der Szene der elektronischen Musik sind vor allem von den DJs abhängig. Den nur in den Clubs werden Tracks zum Clubhit. Nur weil die DJs die Tracks im Club spielen oder in Mittschnitten online präsentieren werden diese auch wahrgenommen. Dann wird auch der Künstler dahinter wahrgenommen. Dieser verdient dann einerseits daran, dass die Tracks verkauft werden und er als Künstler in der Szene präsenter ins Bild rückt. Es folgen dadurch vermehrt Auftritte. Genau aus diesem Grunde sind viele Acts auch bemüht über Promopools viele DJs zu erreichen, in der Hoffnung auf Gegenliebe zu stoßen, damit diese deren Tracks dann auch bei gefallen spielen.
Was auch immer im Urheberrechtsgesetzt steht, es wird mit Sicherheit kein Künstler einen DJs ans Bein pinkeln, wenn dieser seine Tracks spielt. Ganz im Gegenteil. Der DJ und der Produzent bilden eine Symbiose. Ohne den Einen kann der Andere nicht sein.
Jetzt ist es ja auch so, dass, solange der DJ keine Kopien spielt, alles in bester Ordnung ist und über die Gema-Abgabe des Clubs alles geregelt ist. Da fragt man sich also, was will denn die Gema eigentlich von uns DJs. Einfach nur Zahlen fürs kopieren bzw. spielen einer Kopie? Ähhh ??? Und rechtlich schwingt die Gema mit Paragraph 106 des Urheberrechtsgesetzes den Knüppel. Doch mir will das nicht wirklich einleuchten.
In Paragraph 106 aus dem Urheberrechtsgesetz steht folgendes geschrieben.
Also hierzu sollte nochmals ein Jurist sich des Themas annehmen. Denn mir ist da noch was unklar bzw. verstehe ich es schon ein wenig anders als die Gema. Denn ich soll ja bei der Gema für Tracks zahlen, die ich vervielfältigt habe (Kopien erstellt digital oder auf CD gebrannt) und zwecks der öffentlichen Vorführung vorrätig halte. Für Tracks die ich z.b. direkt vom Downloadstore auf mein Abspielgerät geladen habe, also das Orignal, muss ich keine Gebühr bezahlen.
Wenn ich einen Track im Original habe und davon eine Kopie für meinen MP3 Player mache, um diese privat zu hören, stört dies keine Sau. Zudem zahlen wir bereits beim Kauf Gebühren auf diese Geräte, die an die Gema gehen. Eine Privatkopie ist so oder so legal. Wenn ich diese Datei im Original direkt auf mein Abspielgerät (USB-Stick, Externe Festplatte, Laptop) aus dem Store runtergeladen habe und im Club abspiele, ist das legal und kostet mich keine Gebühr. Wenn ich diese Datei aber von einem anderen Rechner auf mein Abspielgerät kopiert habe, dann kostet es eine Gebühr, egal ob ich diesen Track spiele oder nicht. Es reicht aus, dass ich vorhaben könnte diesen Track eventuell irgendwann zu spielen. Klingt irgendwie schon absurd oder?
Nun zum Knackpunkt. In diesem Paragraphen 106 steht „Wer in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen ohne Einwilligung des Berechtigten ein Werk … öffentlich wiedergibt… wird mit… bestraft.“
Also ich verstehe es so, dass diese Rechtsgrundlage erst greift, wenn ich diesen Track öffentlich spiele und die Gebühr nicht gezahlt habe. Doch da ich ihn nur vorrätig halte, ist noch keine Straftat nach diesem § begangen worden. Will die Gema also auf Grund einer „Du könntest ja“-Vermutung die Djs einschüchtern? Denn man könnte mich ja erst belangen, wenn ich die Kopien spiele, die ich nicht bei der Gema angemeldet habe und dies müsste man auch noch beweisen und mich auch auf frischer Tat ertappen. Und dennoch wäre ich auf den Richterspruch sehr gespannt und vor allem um den Streitwert von 0,13 Cent.
Doch bevor ich hier weiter mit meinem laienhaften Sachverstand zur Rechtslage philosophiere, präsentiere ich lieber etwas Handfestes. Denn es gibt schon ein juristisches Gutachten, das vielleicht sehr hilfreich werden könnte.
Letztes Jahr erstellte die Rechtsanwaltssozietät K&L Gates von sich aus ein Gutachten und nahm die neu geplanten Tarife für Clubs unter die Lupe. Das Ergebnis stärkte die Kritiker ungemein und bot viel Angriffsfläche gegen das Vorhaben der Gema, worauf auch letztlich die Aussetzung dieser bis zum Schiedsspruch des Patentamtes seinen Einfluss hatte.
Das Interessante in unserem Fall ist der Abschnitt 2b, der sich mit dem Vervielfältigungszuschlag (Laptop-Zuschlag) beschäftigt. Schon damals waren 13 Cent pro Titel im Gespräch und es gibt jede Menge Angriffsfläche, was auch jetzt von Nutzen sein könnte. Hier der Passus aus dem Gutachten.
Das alles klingt doch sehr interessant und stell die Praxis der Zahlung auf Grund von Vervielfältigungen generell als unzulänglich hin. In der Tat hat der DJ keine höheren Einnahmen, nur weil er sich sein Tracks sortiert auf CDs brennt oder auf USB-Sticks, Externe Festplatten oder Laptops kopiert. Überhaupt kassiert die GEMA doch schon in mehrfacher Weise, warum sollte also nur für einen simplen Kopiervorgang nochmals kassiert werden, der doch schon längst bei CD-Rohlingen, USB-Sticks und Festplatten eingerechnet ist. Zudem kassiert die GEMA ja auch die Clubs im Allgemeinen schon ab. Also wirklich verständlich ist dies nicht und hinterlässt einen Nachgeschmack der Mehrfachabzocke.
Ganz klar gibt es neben all den Unzulänglichkeiten der Gema auch Lücken im Urheberrechtsgesetz, welches ja ebenfalls schon seit geraumer Zeit in der Kritik steht, veraltet zu sein.
Bei all dem was ich hier an Fakten und Überlegungen gesammelt habe, komme ich letztendlich zu der Erkenntnis, dass ich mich von der Gema nicht einschüchtern lassen werde.
Ich kann zudem nur hoffen, dass irgendwer die neuen Tarife VR-Ö rechtlich auseinander nimmt und den DJs etwas in die Hand gibt. Im Notfall sollte man in der Community vielleicht Geld sammeln, um so mit anwaltlicher Hilfe gegen vorzugehen, um am Ende eine rechtlich fundierte Grundlage und Interessenvertretung vor Gericht zu erreichen. Sollte mir die Gema auf die Füße treten, könnte ich mir überlegen dies anzuzetteln.
Bei dem entsprechenden Beistand aus der Community wäre dies eine Sache, die es wert wäre. Aber erst einmal abwarten, was in den nächsten Monaten noch passiert. Vielleicht spiele ich ja auch erst mal nur wieder mit Vinyl oder nur noch mit Original-unkopiert-Dateien aus Beatport und Co, bis irgendwann die Platte oder der Laptop die Krätsche macht. Dann könnte die Gema mich mal gepflegt am Arsch lecken… ich muss dann allerdings meine Kreativität im Umgang mit Musik zwar wieder zurückschrauben, aber dies ist ein anders Thema.
Solange die Verantwortlichen bei der GEMA nicht im Heute und Jetzt ankommen und sich endlich mal mit der Vielfalt einer modernen Club-, Szene- und Deejaykultur auseinandersetzen, werden wir wohl weiterhin jede Menge ungewollte Tänzchen mit der GEMA haben. So werden auch weiterhin bestimmte Künstler und Genres übervorteilt und andere unfair benachteiligt. Der Ruf nach einer Reform der Gema und dem des Urheberschutzgesetztes wird von Jahr zu Jahr lauter. Fragt sich nur, wie laut dieser Ruf noch werden muss, damit endlich einmal etwas passiert.
Denn solange ein Monopolist mit veralteten Gesetzen machen kann, was er will, wird es immer Opfer geben. Letztendlich bedeutet dies jede Menge Einschränkung in Entwicklung und Vielfalt vieler verschiedener Kulturbereiche.
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Auf Grund eines zu hohen Spamaufkommens in den Kommentaren, wird jeder Kommentar vom Admin geprüft und freigegeben. Wir denken dies ist auch in Euerem Interesse, da Ihr sicher auch keinen Bock auf Werbung für gefälschte Gucci-Taschen, Potenzmitteln und anderen Dünnschiss habt.
Eure ToFa
Hanke-Christian Vollmer |
02.04.2013 - 15:37:09 |
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02.04.2013 - 15:50:15 |
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Christian H.-R. |
02.04.2013 - 15:56:32 |
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Fresh Meat |
02.04.2013 - 17:13:52 |
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02.04.2013 - 17:41:37 |
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Beatnixe |
03.04.2013 - 10:31:26 |
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DJ Han |
27.05.2013 - 22:33:26 |
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